Damit lässt sich kein Staat mehr machen! Auch keine Demokratie. Und erst recht keine wettbewerbsfähige Industriegesellschaft. Der neueste IQB-Bildungstrend des ›Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen‹ (IQB), der regelmäßig die Kompetenzen in Kernfächern misst, enthüllt einen alarmierenden Rückgang der Schülerleistungen in Deutschland. Neuntklässlerinnen und Neuntklässler erreichen in Mathematik und Naturwissenschaften einen historischen Tiefstand, mit dramatischen Einbrüchen im Vergleich zu früheren Untersuchungen. Die Studie bestätigt einen bundesweiten Trend, der sich nahtlos in die negativen Trends früherer Erhebungen einfügt.
Ein Vergleich mit der PISA-Studie 2022 zeigt ähnliche Rückgänge: Die Schüler in Deutschland erreichen in Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen das niedrigste Niveau seit dem Jahr 2000. Beide Studien unterstreichen die Auswirkungen sozialer Disparitäten und einer veränderten Schülerschaft durch ungesteuerte Zuwanderung ohne ausreichende Integration (und Integrationswillen) auf das Bildungssystem. Verweise auf die Jahre zurückliegende Corona-Pandemie als weitere Ursache, erwecken inzwischen den Anschein, von politischer Untätigkeit und einem langfristigen Versagen ablenken zu wollen.
Kernresultate des IQB-Bildungstrends 2024
Der Fokus des IQB-Bildungstrends liegt auf Neuntklässlern in Mathematik, Biologie, Chemie und Physik. Bundesweit beträgt der Mittelwert in Mathematik nur 474 Punkte – ein Rückgang um 24 Punkte seit 2018, was etwa einem halben Schuljahr entspricht. Alarmierend: 34 Prozent verfehlen den Mindeststandard für den Mittleren Schulabschluss (MSA), ein Anstieg um zehn Prozentpunkte (2018: 22 Prozent). Für den Ersten Schulabschluss (ESA) scheitern neun Prozent (Anstieg um drei Prozentpunkte).
Die Ländervergleiche offenbaren starke Ungleichheiten: In Sachsen verfehlen nur 20,6 Prozent den MSA-Standard in Mathematik, in Bremen sind es 48,7 Prozent. Überdurchschnittliche Anstiege der Verfehlungsquote zeigen Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen (jeweils über zehn Prozentpunkte mehr als 2018). Spitzenleistungen erzielen Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen; schwach sind Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland.
In den Naturwissenschaften sind die Mittelwerte ähnlich niedrig: Biologie 473 Punkte, Chemie 471 Punkte, Physik 474 Punkte – jeweils 23 bis 24 Punkte weniger als 2018. Für MSA-Anwärter verfehlen zehn Prozent in Biologie, 25 Prozent in Chemie und 16 Prozent in Physik die Mindeststandards. Starke Bundesländer sind Bayern, Sachsen und Thüringen; schwache sind Berlin, Bremen, Hessen und Nordrhein-Westfalen.
Die Geschlechterdifferenzen verstetigen sich: Jungen führen in Mathematik mit zwölf Punkten Vorsprung, Mädchen in Biologie (21 Punkte), Chemie und Physik. Soziale Faktoren spielen eine zentrale Rolle. Schüler aus Haushalten mit über 100 Büchern erreichen 72 bis 80 Punkte mehr. Der Rückgang trifft privilegierte und benachteiligte Familien gleichermaßen.
Insbesondere die Zuwanderung verstärkt die Disparitäten: 40 Prozent der Schüler haben einen Zuwanderungshintergrund, 13 Prozent sind Einwanderer der ersten Generation (Anstieg um sieben Prozentpunkte seit 2018). Diese Gruppe erzielt in Mathematik 78 Punkte weniger als der Durchschnitt.
Darüber hinaus sind Motivation und Selbstkonzept alarmierend niedrig: Über 50 Prozent haben ein geringes Interesse an Mathematik, Chemie und Physik. Parallel dazu haben anscheinend die psychosozialen Probleme zugenommen: 17 Prozent melden emotionale Probleme (Mädchen: 27 Prozent), 16 Prozent Hyperaktivität.
Vergleiche zu früheren IQB-Erhebungen
Der Negativtrend setzt sich also ungebremst fort. Im IQB-Bildungstrend 2022 (Neuntklässler in Deutsch und Englisch) waren die Ergebnisse ambivalent: in Deutsch »besorgniserregend«, in Englisch erfreulich. In Deutsch verfehlten 32,5 Prozent den MSA-Standard im Lesen (Anstieg um neun Prozentpunkte seit 2015), 34,4 Prozent im Zuhören (Anstieg um 16 %) und 22,3 Prozent in Orthografie (Anstieg um 9 %). Bremen schnitt am schlechtesten ab (bis zu 46,8 Prozent Verfehlung), Bayern und Sachsen waren am besten.
Der IQB 2021 (Viertklässler in Deutsch und Mathematik) zeigte Rückgänge um sechs bis acht Prozentpunkte bei Mindeststandard-Verfehlungen seit 2016. Lesen 18,8 Prozent Verfehlung; Zuhören 18,3 Prozent; Orthografie 30,4 Prozent (schlechtester Wert) und Mathematik 21,9 Prozent. Bremen und Berlin bildeten das Schlusslicht, Bayern und Sachsen die Spitze. Insbesondere wuchsen die Disparitäten, vor allem bei Zuwanderern (bis zu zwei Schuljahre Rückstand für die erste Generation). Der aktuelle Tiefstand markiert eine Verschärfung.
Vergleich zur PISA-Studie 2022
Die PISA-Ergebnisse 2022, die 15-Jährige (vergleichbar mit Neuntklässlern) in 81 Ländern testete, spiegeln die IQB-Ergebnisse wider. Deutschland erreichte in Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen das niedrigste Niveau seit 2000. In Mathematik sanken die Leistungen auf ein Rekordtief, mit 30 Prozent unter Mindeststandards – ähnlich den 34 Prozent im IQB 2024. Naturwissenschaften: 23 Prozent Verfehlung (IQB: zehn bis 25 Prozent je Fach); Lesen: 25 Prozent (IQB 2022: 32,5 Prozent).
Beide Studien zeigen Rückgänge seit 2018: PISA notiert Abnahmen in Mathematik und Lesen, sowie eine Stagnation in den Naturwissenschaften. Der IQB bestätigt dies national, mit einem stärkeren Fokus auf die Bundesländer. So überlappen sich die Ursachen: Corona-Schulschließungen (laut PISA mit Einfluss auf die Lernentwicklung), soziale Ungleichheiten und Zuwanderung. Die PISA-Tests platzieren Deutschland unterhalb des OECD-Durchschnitts.
Mögliche Ursachen und Ausblick
Zusammenfassend unterstreichen die IQB-Berichte eine systemische Krise. Der Rückgang der Schülerleistungen in Deutschland ist tatsächlich schon seit Beginn der PISA-Studien im Jahr 2000 dokumentiert und zeigt einen kontinuierlichen Abwärtstrend. Im Rahmen der PISA-Studien, die 15-Jährige (vergleichbar mit Neuntklässlern) testet, sank der Mathematik-Punktestand von 490 im Jahr 2000 auf 475 in 2022 – das niedrigste Niveau seit Messbeginn. Ähnlich im Lesen: Von 484 (2000) auf 480 (2022). Der OECD-Durchschnitt liegt höher, und Deutschland rutschte auf Platz 24 in Mathematik ab. Im Bereich der Naturwissenschaften erreichten die Schüler in Deutschland 2000 einen Wert von 487 Punkten, während im Jahr 2022 das Ergebnis auf 492 Punkte leicht anstieg. Allerdings ist zu beachten, dass das Ergebnis von 2022 im Vergleich zu früheren Jahren (insbesondere dem Leistungsabfall bei den PISA-Ergebnissen von 2018 und 2022) eher als Stagnation auf einem niedrigeren Niveau betrachtet werden kann, da die Leistungen in den anderen Bereichen signifikant gesunken sind.
Ähnliche Muster zeigen die nationalen IQB-Bildungstrends: Seit 2012 (erste Erhebung für die Sekundarstufe) gab es Rückgänge, z.B. in Mathematik von 498 Punkten (2018) auf 474 (2024), was einem halben Schuljahr entspricht. In Deutsch und Englisch (IQB 2022) verschlechterten sich Kompetenzen in Lesen und Zuhören seit 2015 um bis zu 16 Prozentpunkte bei Mindeststandard-Verfehlungen. Diese Trends begannen vor COVID, wurden aber durch die Pandemie beschleunigt. Corona ist ein signifikanter Faktor, aber kein hinreichender alleiniger Grund. Die OECD betont, dass der Leistungsverfall »nur teilweise« der Pandemie zuzuschreiben ist, da Rückgänge in Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften bereits vor 2019 sichtbar waren.
Demnach dienen diese Erklärungen teilweise als Ausrede, um tiefere strukturelle Versäumnisse zu kaschieren. Experten der EU-Kommission sehen den sozioökonomischen Hintergrund als Hauptursache: Schüler aus armen Familien entwickeln sich signifikant schlechter, unabhängig von COVID, und diese Disparitäten wuchsen seit 2000. Der Anteil migrantischer Schüler stieg auf 40 Prozent (IQB 2024), mit einem 13-Prozent-Anteil der ersten Generation, die z.B. in Mathematik 78 Punkte weniger erzielen als der Durchschnitt – erklärbar durch geringeres kulturelles Kapital und Sprachbarrieren.
Politisches Versagen in anderen Bereichen ist evident: Fehlende Anpassung an moderne Lernbedürfnisse, unzureichende Lehrerfortbildung und regionale Ungleichheiten. Das britische Wochenmagazin The Economist kritisierte, dass Deutschland an asiatischen oder nordischen Modellen scheitert, deren Fokus auf Fähigkeiten zielt, die für das 21. Jahrhundert entscheidend sind.
Diese Meldung basiert auf den IQB-Berichten 2018 bis 2024 und PISA 2022.
© ÆON-Z e.V. Thinktank. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved. Nachdruck und Weitergabe an Dritte untersagt.
