
Hälfte der Jugendlichen sehnt sich nach einem Leben ohne Internet
Fast die Hälfte aller jungen Menschen möchte lieber ohne Internet aufwachsen. So das Ergebnis einer aktuellen britischen Umfrage. Die Jugendlichen bedauern, dass ihnen – wenn sie ständig online sind – die Zeit fehlt, Erfahrungen in der analogen Welt zu machen.
Von den repräsentativ ausgesuchten 1.293 Teilnehmern im Alter zwischen 16 und 21 Jahren gaben 68 Prozent an, dass sie sich nach einer »Tour« in den sozialen Medien eher schlechter als besser fühlen. Ganze 50 Prozent würden eine Sperrstunde für soziale Medien befürworten, also eine Zeitbegrenzung für die Nutzung der Apps sozialer Medien. Und erstaunlicherweise waren weitere 47 Prozent der Meinung, sie würden ihre Jugend lieber in einer Welt ohne Internet verbringen.
Die von der »British Standards Institution« (bsi) durchgeführte Umfrage beleuchtete auch das Thema der Auswirkungen des Internets auf die psychische Gesundheit von Teenagern und jungen Erwachsenen. Was solle und was könne getan werden, hier einzugreifen, ohne in drakonische Maßnahmen und übermäßige Kontrolle zu verfallen?
»Dass fast die Hälfte der jungen Menschen lieber ohne Internet aufwachsen möchte, sollte uns allen ein Weckruf sein«, zeigte sich indessen Daisy Greenwell überrascht, Mitbegründerin von Smartphone Free Childhood, in einer Erklärung. »Wir haben eine Welt geschaffen, in der es für Kinder normal ist, täglich stundenlang in digitalen Räumen zu verbringen, die letztlich darauf ausgelegt sind, sie süchtig zu machen.«
Die Probleme beginnen inzwischen bereits bei den Kleinsten. Studien haben beispielsweise gezeigt, dass übermäßige iPad-Nutzung bei Kleinkindern mit emotionalen und sozialen Defiziten in späteren Jahren einhergeht.
Besonders schwierig wird ihre Online-Erfahrung im Teenageralter, wenn sie das Internet intensiver erkunden und sich in Bereiche für Erwachsene wagen. Das ist für Jugendliche zwar aufregend, birgt aber auch viele Gefahren: Sie können in Videospielen Opfer von Sexualstraftätern werden oder von Algorithmen, die sie in einen extremistischen Kanal locken.
Laut der aktuellen Studie gaben zwei Drittel der Teilnehmer an, sich täglich mehr als zwei Stunden mit sozialen Medien zu beschäftigen. Junge Frauen (37 Prozent) berichteten, häufiger belästigt zu werden als junge Männer (28 Prozent). Allein die Nutzung sozialer Medien kann bereits zu Problemen führen: Eine andere Studie der University of California San Francisco, die 12.000 Jugendliche drei Jahre lang begleitete, zeigte, dass mit zunehmender Nutzung sozialer Medien auch die Depressionssymptome zunahmen.
»Junge Menschen fordern jetzt selbst Grenzen – virtuelle Ausgangssperren, Alterskontrollen, sinnvolle Beschränkungen und echten Schutz«, argumentierte Greenwell. »Sie sind bereit für Veränderungen.«
Doch so einfach wird es nicht sein. »Wir müssen klarstellen, dass eine digitale Ausgangssperre allein Kinder nicht vor den Risiken schützt, denen sie online ausgesetzt sind«, schränkte Rani Govender ein, Policy Managerin »for child safety online« bei der »NSPCC« (National Society for the Prevention of Cruelty to Children), gegenüber der Tageszeitung »The Guardian«. »Sie werden all diese Risiken auch andernorts sehen und erleben, und diese werden immer noch ähnliche Auswirkungen haben.«
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