FUTŪRUM GERMĀNIÆ

12 Szenarien deutscher Zukünfte

Wolfgang W. Koestner

Vorwort

In einer Zeit, die von rasantem Wandel und tiefgreifenden Unsicherheiten geprägt ist, wagt das vorliegende Werk, »FUTŪRUM GERMĀNIÆ – Zwölf Szenarien deutscher Zukünfte«, einen ebenso nüchternen wie provokanten Blick auf die möglichen Pfade, die Deutschland in den kommenden Jahrzehnten beschreiten könnte. Es ist eine Einladung, über das Offensichtliche hinauszudenken und sich mit den komplexen Kräften auseinanderzusetzen, die unsere Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur formen werden.

Das Buch gliedert sich in zwei kontrastierende Hauptteile, die jeweils sechs detaillierte Szenarien präsentieren. Der erste Teil, »Entropistan«, entwirft eine Reihe von Entwicklungen, die Deutschland in eine Phase der gesellschaftlichen Entropie, des Niedergangs und der Desintegration führen könnten. Diese Szenarien beleuchten die Schattenseiten potenzieller Zukünfte, die aus aktuellen Trends und ungelösten Herausforderungen erwachsen.

Ein zentrales Thema in »Entropistan« ist die Geburtenimplosion, die uns mit den weitreichenden Folgen sinkender Geburtenraten konfrontiert – von überlasteten Sozialsystemen bis hin zum Verlust kultureller Dynamik und der fundamentalen Frage nach der Überlebensfähigkeit einer schrumpfenden Zivilisation. Ergänzend dazu analysiert das Szenario »Migrationsschocks« die tiefgreifenden demografischen Veränderungen durch Zuwanderung und deren Auswirkungen auf politische Mehrheitsverhältnisse, kulturelle Normen und die gesellschaftliche Kohäsion, insbesondere in städtischen Ballungsräumen. Weiterhin skizziert das Szenario »Wahn und Bildungsabsturz« einen besorgniserregenden Rückgang der kollektiven kognitiven Leistungsfähigkeit und des kritischen Denkens. Dieser Trend wird durch oberflächliche Diskurse, Bildungskrisen und den Einfluss sozialer Medien verstärkt, was die Innovationskraft und demokratische Prozesse gefährdet. Parallel dazu beschreibt das Szenario »Klassenkrieg« einen zunehmend harten Konflikt um gesellschaftliche Vorherrschaft, in dem herrschende Führungskader ideologische und machttechnische Waffen einsetzen, um eine Umverteilung von unten nach oben abzusichern und die wertschöpfende Mehrheit der werktätigen Bevölkerung zu marginalisieren. Die düsteren Prognosen setzen sich fort mit dem Szenario »Endzeit«, das vor der Möglichkeit bürgerkriegsähnlicher Zustände in Deutschland warnt. Diese könnten genährt werden durch soziale und ethnische Fragmentierung, Parallelgesellschaften, wachsende Ungleichheit und den Verfall staatlicher Institutionen und Infrastrukturen. Abgeschlossen wird dieser Teil mit den »Aussichten aufs Kalifat«, welches die Vorstellung eines islamischen Herrschaftssystems auf deutschem Boden thematisiert, getragen von radikalisierten Milieus und verstärkt durch kulturelle Abschottung und den Anstieg des muslimischen Bevölkerungsanteils.

Dem gegenüber steht der zweite Teil, »Eldorado«, mit optimistischen und zukunftsweisenden Entwürfen für Deutschland. Diese Szenarien zeigen auf, wie Deutschland durch strategische Entscheidungen und innovative Ansätze eine führende Rolle in der Welt von morgen einnehmen könnte.

Obwohl die Szenarien »Technologische Stagnation« und »Innovationsparalyse« zunächst Herausforderungen beschreiben, dienen sie als kritischer Ausgangspunkt. Sie betonen die Notwendigkeit einer Abkehr von der übermäßigen Abhängigkeit von etablierten Industrien und mahnen zur Überwindung bürokratischer Hemmnisse, um eine dynamischere, innovationsfreundlichere Kultur zu schaffen. Das Szenario »Biedermeier mit Palantir« beleuchtet die Risiken einer Gesellschaft, die Sicherheit über Freiheit stellt, und fordert dazu auf, die Balance zwischen Überwachung und individueller Entfaltung neu zu definieren, um eine bequeme, aber stagnierende Zukunft zu vermeiden. Eine positive Vision wird im Szenario »Langfristdenken« präsentiert. Wenn Deutschland politische Entscheidungen auf langfristige Ziele und nachhaltige Entwicklung ausrichtet, Investitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur priorisiert, könnte so eine solide Basis für zukünftige Generationen geschaffen werden. Das Szenario »Wert Schöpfung« konzentriert sich auf die Wiederbelebung der deutschen Wirtschaft und Industrie durch gezielte Investitionen in zukunftsweisende Bereiche wie Biotechnologie, Präzisionsmedizin, Fusionsenergie, KI, Robotik und den New-Space-Sektor, um Deutschland als führenden Technologiestandort wiederzuerrichten. Das ambitionierteste Szenario, »Jenseits der Kármán-Linie«, blickt in die Zukunft der deutschen und globalen Raumfahrt. Es reicht von historischen Pionierleistungen bis hin zu Mond- und Marsmissionen, Asteroiden-Bergbau und Weltraumtourismus und symbolisiert den ultimativen Sprung in eine grenzenlose Zukunft durch technologische und wissenschaftliche Exzellenz.

FUTŪRUM GERMĀNIÆ ist mehr als eine Sammlung von Prognosen; es ist ein Weckruf und ein Denkangebot. Es fordert uns auf, die Komplexität der Zukunft anzuerkennen, die Risiken zu verstehen und die Chancen zu ergreifen. Die hier präsentierten Szenarien sind keine festgeschriebenen Schicksale, sondern potenzielle Wege, die durch unsere heutigen Entscheidungen beeinflusst werden können. Möge dieses Buch dazu beitragen, eine informierte Debatte anzustoßen und die Weichen für eine wünschenswerte Zukunft Deutschlands zu stellen.

Kurzvorschau auf die 12 Szenarien

Szenario 1: Geburtenimplosion

Wer einen Blick in die Zukunft wagen möchte, muss nicht in Kristallkugeln schauen – ein nüchterner Blick auf die weltweiten Geburtenraten genügt. Während die Weltbevölkerung noch wächst, ist der Trend eindeutig: Die Abnahme der Geburtenraten, die bereits in den 1960er Jahren begann, ist ein »lautloses Siechtum«, dessen dramatische Folgen erst jetzt sichtbar werden. Die Zahl der Kinder pro Frau sinkt kontinuierlich, und in immer mehr Ländern liegt sie mittlerweile deutlich unter dem Bestandserhaltungsniveau von 2,11 Kinder pro Frau. Noch weist lediglich Subsahara-Afrika hohe Geburtenraten auf (4,28 Kindern pro Frau), doch auch dort sinken die Zahlen deutlich schneller als erwartet (etwa rund 3,2 Kinder pro Frau bis 2050).

Diese Entwicklung hat weitreichende Folgen, die sich erst nach und nach offenbaren. Gesellschaften, die altern und schrumpfen, geraten in ökonomische und soziale Schieflage: Rentensysteme stehen unter Druck, die Gesundheitskosten steigen, die Innovationskraft droht zu erlahmen. Gleichzeitig sehen manche in der Geburtenkrise einen willkommenen Ausweg aus Umweltproblemen wie Klimawandel oder Ressourcenknappheit. Antinatalistische Strömungen, die den bewussten Verzicht auf Kinder propagieren, bestärken diese Sichtweise zusätzlich. Doch eine schrumpfende Bevölkerung bedeutet nicht automatisch eine Entlastung, sondern häufig das Gegenteil: Überalterung, Arbeitskräftemangel, sinkende Produktivität und der Verlust kultureller Dynamik. Während Roboter, künstliche Intelligenz und Zuwanderung kurzfristig Lücken füllen können, bleibt die fundamentale Frage bestehen, ob eine Zivilisation ohne biologischen Nachwuchs auf Dauer überlebensfähig ist.

Historisch gesehen haben Gesellschaften, die sich selbst nicht reproduzieren, ihren Platz oft verloren oder wurden von vitaleren Kulturen verdrängt. Sie endeten bestenfalls als Fußnoten der Geschichte. Der aktuelle Rückgang der Geburtenraten könnte daher zu einem Wendepunkt der Weltgeschichte werden – mit ungewissem Ausgang.

Szenario 2: Migrationsschocks

Seit 2015 erleben Europa und insbesondere Deutschland eine signifikante Zuwanderung. Die Hauptherkunftsländer der Einwanderer waren und sind seit 2014 kontinuierlich Syrien, gefolgt von Afghanistan und dem Irak. Demografisch gesehen ist die Gruppe der unter 16-Jährigen die größte unter den Einwanderern. Der Familiennachzug spielt eine wichtige Rolle. Die Kosten pro Einwanderer für die Aufnahmegesellschaft sind Gegenstand unterschiedlicher Bewertungen. Mehrere Studien nehmen langfristige Kosten pro Asylsuchenden von 625.000 Euro und weitere 275.000 Euro für den Familiennachzug (pro Person) an.

Diese demografische Realität droht die politischen Mehrheitsverhältnisse, kulturellen Normen und gesellschaftlichen Prioritäten Deutschlands in den kommenden Jahrzehnten maßgeblich zu prägen – eine Entwicklung, deren Auswirkungen heute erst in Ansätzen absehbar sind. Während der Einstieg ins erste Szenario dieses Buches mit dem Hinweis begann, »Wer wissen will, wie die Zukunft aussieht, muss sich nur die Geburtenraten anschauen«, ist für dieses Szenario folgende Ergänzung zwingend: »Wer die Zukunft Deutschlands verstehen will, muss einen Blick in die Kindergärten und Grundschulen des Landes werfen.« Die dort sichtbaren demografischen Realitäten zeichnen ein Bild grundlegender gesellschaftlicher Veränderungen. Weshalb? 2024 hatten 42,6 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren einen Migrationshintergrund, während im Schuljahr 2023 bereits 29 Prozent der Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen eine Einwanderungsgeschichte aufwiesen.

Diese Entwicklung verläuft jedoch höchst ungleichmäßig über das Land verteilt. In städtischen Ballungsräumen wie der bayerischen Industriestadt Schweinfurt zeigt sich das Ausmaß dieser demografischen Transformation besonders deutlich: Dort weisen durchschnittlich 72 Prozent der Erstklässler einen Migrationshintergrund auf, mit Spitzenwerten von 87 Prozent an einzelnen Grundschulen. In Nordrhein-Westfalen lag der Anteil der Schüler mit Zuwanderungsgeschichte bereits bei 42,7 Prozent an allgemeinbildenden Schulen. Je nach rechtlichen Entwicklungen wird ein großer Teil dieser heutigen Schüler in zehn bis zwölf Jahren wahlberechtigt sein und damit direkten politischen Einfluss ausüben.

Diese Zahlen dokumentieren nicht nur statistischen Wandel, sondern markieren eine fundamentale gesellschaftliche Transformation mit weitreichenden ökonomischen, politischen, sozialen und kulturellen Konsequenzen.

Szenario 3: Wahn und Bildungsabsturz

In einer Zeit, in der Wissen scheinbar nur einen Mausklick entfernt ist, zeichnet sich ein besorgniserregender Trend ab: Die kollektive kognitive Leistungsfähigkeit in vielen Gesellschaften scheint zu schwinden, was das kritische Denken und die Innovationskraft breiter Bevölkerungsschichten bedroht. Der öffentliche Diskurs, einschließlich politischer Debatten, hat an Tiefe verloren und gleicht zunehmend simplifizierten, oberflächlichen Austauschen, die komplexe Themen auf banale Narrative reduzieren. Dieser Infantilismus in der Politik und Medien entfremdet die Bürger und fördert eine Kultur der Oberflächlichkeit, während radikale Ideologien, darunter gewaltbereite religiöse Extremismen, an Boden gewinnen.

Lange Zeit dokumentierten Forscher einen stetigen Anstieg der durchschnittlichen Intelligenzquotienten – bekannt als Flynn-Effekt –, doch in den letzten zwei Jahrzehnten kehrt sich dieser Trend in zahlreichen entwickelten Ländern um, mit sinkenden IQ-Werten in Ländern wie Norwegen, Dänemark, Finnland, Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden und Australien. Studien deuten auf einen Rückgang in Bereichen wie verbalem Denken und logischem Problemlösen hin, der durch Umweltfaktoren wie veränderte Ernährung, Bildung und Medienkonsum beeinflusst wird. In den USA etwa zeigt der sogenannte Reverse Flynn Effect einen deutlichen Abfall in drei von vier kognitiven Domänen seit den 1990er Jahren.

Internationale Vergleiche wie die PISA-Studien untermauern diese Entwicklung: In Deutschland erreichten 15-Jährige 2022 die niedrigsten Werte aller Zeiten in Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften, mit einem Rückgang von bis zu 15 Punkten im Vergleich zu 2018. Besonders alarmierend ist der Anstieg der Niedrigleister, wobei rund 30 Prozent der Schüler in Mathematik und Lesen unter dem Basiskompetenzniveau liegen. Diese Verschlechterung betrifft nicht nur Deutschland, sondern viele Länder, und löst Debatten über eine Bildungskrise aus, die durch fehlgeschlagene Reformen und Gleichheitsideale verstärkt wird. Soziale Medien spielen eine zentrale Rolle, da intensiver Konsum mit kognitiven Fehlern, reduzierter Aufmerksamkeitsspanne und verstärkten Vorurteilen korreliert, insbesondere bei Personen mit niedrigerer kognitiver Fähigkeit. Der Verlust der traditionellen Lesekultur, ersetzt durch fragmentierte Inhalte, trägt ebenfalls zur Abnahme bei.

Zudem wirken Einwanderungsströme aus Regionen mit niedrigeren Bildungsstandards ein, wobei Studien einen negativen Langzeiteffekt auf kognitive Fähigkeiten in Aufnahmeländern andeuten. Epigenetische Faktoren, wie Stress und Umweltgifte, könnten weitere Ursachen sein, wenngleich diese kontrovers diskutiert werden.

Die Konsequenzen sind weitreichend: Sinkende kognitive Kapazitäten gefährden die Wettbewerbsfähigkeit von Industrien, die Qualität demokratischer Prozesse und die gesellschaftliche Stabilität. Experten warnen vor einem Teufelskreis, in dem verdummte Massen und Eliten zunehmend irrationale Entscheidungen treffen. Ohne gezielte Interventionen, wie verbesserte Bildungssysteme und regulierten Medienkonsum, könnte sich dieser Trend fortsetzen und bis 2050 zu einem Verlust von bis zu 10 IQ-Punkten pro Generation führen, was Innovationen lähmt und soziale Konflikte verschärft.

Szenario 4: Klassenkrieg

»Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen«. Der Investor Warren E. Buffett stellte am 26.11.2006 in einem Interview mit der New York Times klar, dass ein Klassenkrieg existiert – geführt von den Reichen und bislang zu ihren Gunsten entschieden. Der Soziologe Hans Jürgen Krysmanski beschrieb diese herrschende Klasse als System von Machtzirkeln, die um die Pyramide der Geldmachtklasse konzentrisch angeordnet sind. Getragen wird es von Konzerneliten, politischen Funktionseliten und einer Schicht intellektueller Diener. Letztere, meist in staatlichen oder staatsnahen Institutionen, Medien, NGOs oder Universitäten verankert, übernehmen die Rolle ideologischer Legitimatoren und praktischer Vollstrecker. Ihre Funktion besteht darin, den Prozess der Umverteilung von unten nach oben abzusichern und zugleich die gesellschaftliche Deutungshoheit zu behaupten. Sie haben einen Klassenkampf gegen die wertschöpfende Mehrheit eröffnet, die zunehmend marginalisiert wird.

Neue Frontlinien verlaufen zwischen »Anywheres« und »Somewheres«, zwischen einer »Takings Coalition« (Nehmende Hand) und einer »Leave Us Alone Coalition« (Gebende Hand). Die Intellektuellen sind – als Reservearmee des urban-akademischen Lumpenproletariats – durchdrungen von poststrukturalistischen, postmodernen und postnationalen Ideologien – etwa Great Reset, Energiewende, Degrowth und Wokeness. Sie verstehen sich als moralisch überlegene Avantgarde, die ihre Visionen einer »großen Transformation« mit allen Mitteln politischer, juristischer und medialer Macht durchsetzen will. Propaganda, Manipulation und Lawfare gehören zu ihren Werkzeugen. Das Verhältnis zur wertschöpfenden Klasse der Werktätigen ist dabei von Entfremdung und offener Feindschaft geprägt. So entsteht eine neue Qualität des Klassenkampfes, in dem nicht mehr nur Kapital und Arbeit, sondern auch Ideologie und Machttechnik die entscheidenden Waffen sind.

Dieser Konflikt zeichnet sich durch eine wachsende Härte aus, da die kulturelle und politische Elite ihre Existenz immer stärker auf Kosten der arbeitenden Mehrheit sichert, aber auch durch sie bedroht sieht. Der Konflikt entwickelt sich so zu einer neuen Qualität des Klassenkampfes um gesellschaftliche Vorherrschaft. Für die Angreifer geht es nur noch um die reine Macht, um die vordersten Plätze an den Fleischtöpfen. Mehr hat diese Klasse nicht mehr zu bieten. Die Frage ist nicht, ob die kriegführende Klasse besiegt wird, sondern wie.

Szenario 5: Endzeiten

Ein Bürgerkrieg in Europa, noch dazu in Deutschland, klingt für viele wie ein Schreckgespenst aus dunklen Epochen, Geschichtsbüchern oder dystopischen Romanen. Doch Stimmen aus der Wissenschaft mahnen zur Vorsicht und warnen zunehmend vor genau diesem Szenario. David Betz, Professor für Krieg in der modernen Welt am King’s College London, hält bürgerkriegsähnliche Zustände auch hierzulande für denkbar. Damit steht er nicht allein. Zahlreiche Historiker und Politikwissenschaftler verweisen auf Entwicklungen, die sich wie Bausteine einer gefährlichen Dynamik zusammensetzen: soziale und ethnische Fragmentierung, die zunehmende Abkopplung breiter Gruppen vom staatlichen Gemeinwesen, Tribalismus (Stammeszugehörigkeit vor Staatszugehörigkeit), Parallelgesellschaften, wachsende Armut und Ungleichheit, eine perspektivlose Jugend, ein Verfall der Bildungssysteme sowie die Verwahrlosung öffentlicher Räume und Infrastrukturen.

Hinzu kommt, dass Sicherheitsbehörden vielerorts an ihre Grenzen stoßen, während intransparentes Regierungshandeln und eine zunehmend polarisierte Öffentlichkeit das Vertrauen in die staatlichen Institutionen untergraben. Parallel dazu inszeniert sich eine selbstbewusste herrschende Schicht aus Parteifunktionären und Intellektuellen als Hüter eines neuen Deutungsmonopols – nicht selten verbunden mit dem Versuch, einen »kulturellen Bürgerkrieg« bzw. »Kulturkampf« gegen die Bevölkerung selbst zu führen. Dabei bleiben die Gefahren nicht abstrakt. Extremistische Gruppen nehmen zunehmend die kritische Infrastruktur ins Visier und verursachen Schäden, die längst Wirtschaft und Alltag spürbar treffen.

Weitere Risiken sind unübersehbar: Zerfallende Metropolen, die in »Feral Cities« (verwilderte Städte) – de facto unkontrollierbare urbane Räume, in denen das Faustrecht herrscht – übergehen könnten, ethnische Mikrostaaten¹ bzw. Enklaven mitten in Europa, eine weiterwachsende Spaltung zwischen gesellschaftlichen Gruppen. Was heute noch wie eine düstere Prognose wirkt, erscheint morgen womöglich als bittere Realität. Die zentrale Frage lautet daher: Ist ein Bürgerkrieg unausweichlich? Oder gibt es Wege, ihn zu verhindern?

Um den Risiken entgegenzutreten, sehen Fachleute mehrere mögliche Handlungsstrategien. Zentrale Bedeutung hat der Wiederaufbau von Vertrauen in staatliche Institutionen durch transparente, bürgernahe Politik und wirksame Gewaltenteilung. Ebenso entscheidend sind Investitionen in Bildung, soziale Integration und die Stärkung von Chancen für eine von Perspektivlosigkeit bedrohte Jugend. Städtebaulich und sicherheitspolitisch wird auf Prävention gesetzt: funktionierende Infrastruktur, Schutz kritischer Versorgungsnetze und konsequentes Vorgehen gegen organisierte Parallelstrukturen. Hinzu kommt die Förderung von Dialogformaten, die Polarisierung abbauen und gemeinsame Identität stiften sollen. Ob diese Maßnahmen ausreichen, hängt davon ab, ob sie breit und entschlossen umgesetzt werden – bevor die Bruchlinien der Gesellschaft unumkehrbar werden. Angesichts der herrschenden Politik der Eskalation, dürfte das ein frommer Wunsch sein.

¹Ethnische Mikrostaaten sind Enklaven innerhalb größerer Städte oder Stadtteile, die von einer ethnisch oder religiös homogenen Bevölkerung dominiert werden und oft eine eigene soziale und kulturelle Infrastruktur entwickeln.

Szenario 6: Aussichten aufs Kalifat

Deutschland im Jahr 2040: Ein Szenario, das bislang nur in Randgruppen gefordert und von der Mehrheitsgesellschaft für undenkbar gehalten wurde, rückt in den Mittelpunkt einer düsteren Debatte – die Vorstellung eines Kalifats auf deutschem Boden. Nicht nur radikalisierte Jugendliche, die sich in Chatgruppen, Hinterhof-Moscheen oder über soziale Medien von einer »islamischen Utopie« verführen lassen, träumen davon. Auch Ideologen, die mit der Muslimbruderschaft verbunden sind, einer in vielen arabischen Staaten verbotenen Organisation, arbeiten beharrlich und strategisch an der Umsetzung ihres erklärten Ziels: der Etablierung eines islamischen Herrschaftssystems. Der historische Bezug liegt nahe: Das letzte Kalifat, ausgerufen vom sogenannten »Islamischen Staat« (IS) zwischen 2014 und 2019, war geprägt von Terror, Gewalt und Unterdrückung – ein warnendes Beispiel, das dennoch bis heute als Vorbild in Teilen extremistischer Milieus dient.

Im europäischen Kontext gewinnt die Diskussion an Brisanz: Zuwanderung, wachsende muslimische Gemeinschaften und bewusste kulturelle Abschottung fördern das Entstehen paralleler Gesellschaften, in denen eigene Regeln und Werte gelten. Clanstrukturen, organisierte Kriminalität und ein steigender politischer Einfluss islamextremistischer Akteure verstärken diesen Trend. Symbolische wie auch praktische Forderungen – Halal-Essen in Schulen, streng getrennte Klassenfahrten, Minarette im Stadtbild oder das aggressive Einfordern religiöser Sonderrechte – markieren die schleichende Transformation. Dahinter steht eine entschiedene Ablehnung zentraler westlicher Werte wie Gleichberechtigung, Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit. Politik und Gesellschaft reagieren oft zu spät oder beschwichtigen, während die Dynamik an Fahrt aufnimmt. Schon heute zeigen Prognosen, etwa vom Pew Research Center, dass der muslimische Bevölkerungsanteil in Deutschland bis 2050 bei rund 20 Prozent liegen könnte – eine Entwicklung, die sich unter bestimmten Bedingungen auch schon um 2035 oder 2040 einstellen könnte. Die Frage ist nicht nur, ob eine solche demografische Verschiebung die kulturelle Identität und die gesellschaftliche Kohäsion verändert, sondern ob sie auch politische Machtverschiebungen ermöglicht, die den Boden für eine autoritäre, religiös legitimierte Herrschaft bereiten.

Dieses Szenario untersucht daher die hypothetischen Auswirkungen eines Kalifats in Deutschland – eine Zukunftsvision, die nicht als Prognose verstanden werden darf, sondern als fiktionaler Gedankenversuch über die möglichen Konsequenzen aktueller Entwicklungen. Es geht um die Frage, wie stabil westliche Demokratien wirklich sind, wenn sie mit einer radikalen Gegenidee konfrontiert werden, die nicht nur in der Theorie, sondern zunehmend auch in der gesellschaftlichen Realität ihre Spuren hinterlässt.

¹Aufgrund unbekannter ›Schwarzer Schwäne‹ und/oder einer suizidalen einheimischen Justiz, die weltfremde Urteile ohne jeden Realitätsbezug fällt.

Szenario 7: Technologische Stagnation

Während unsere Smartphones immer schneller werden und künstliche Intelligenz täglich neue Schlagzeilen produziert, wächst paradoxerweise unter Wissenschaftlern und Ökonomen die Überzeugung, dass wir uns in einer Ära der technologischen Stagnation befinden. Seit den 1970er Jahren, so argumentieren führende Forscher, seien keine fundamentalen Basisinnovationen mehr entstanden, die das Wirtschaftswachstum langfristig und breitflächig antreiben könnten. Die Grenzproduktivität der Computertechnologie beeinflusst den Lebensstandard deutlich geringer als die großen Erfindungen früherer Epochen – von der Dampfmaschine über die Elektrizität bis hin zur Antibiotika-Entwicklung.

Während diese historischen Durchbrüche ganze Gesellschaften transformierten, erscheinen viele heutige Neuerungen als bloße Variationen bestehender Konzepte: bessere Bildschirme, schnellere Prozessoren, elegantere Apps. Peter Thiel, einer der prominentesten Verfechter dieser These, behauptet, dass echter Fortschritt fast nur noch in der digitalen Welt stattfindet, während physische Innovationen in Bereichen wie Transport, Energie und Medizin stagnieren. Thiel und andere Kritiker führen diese Entwicklung auf kulturelle und institutionelle Faktoren zurück: übertriebene Sicherheitsbedenken, regulatorische Hürden, innovationsfeindliche Bürokratie und vor allem einen gesellschaftlichen Mangel an Ambition und Risikobereitschaft.

Die kontroverse ›Olduvai-Theorie‹ geht sogar so weit zu prognostizieren, dass das Industriezeitalter nur eine kurze Episode von 100 Jahren zwischen 1930 und 2030 darstellen wird – ein technologischer Höhenflug, dem unweigerlich der Rückfall folgt. Diese Diagnose wirft fundamentale Fragen über die Zukunft unserer Zivilisation auf: Stehen wir vor einem unvermeidlichen Ende des technischen Fortschritts, oder können gesellschaftliche Reformen und neue Ansätze in Forschung und Entwicklung die Innovationskraft wiederbeleben? Während Thiel eine gewisse Verschiebung im Silicon Valley erkennt, wo viele inzwischen das »Stagnationsproblem« anerkennen, bleibt die Frage, ob die aufkommenden Technologien wie fortgeschrittene KI, Quantencomputer oder Biotechnologie das Potenzial haben, eine neue Ära der Basisinnovationen einzuleiten und damit die pessimistischen Prognosen der Stagnationstheoretiker zu widerlegen.

Szenario 8: Innovationsparalyse?

Innovation ist der Lebenssaft jeder Zivilisation – ohne sie würde der technologische Fortschritt stillstehen und moderne Gesellschaften in Stagnation verharren. Ohne die Fähigkeit, Bestehendes zu hinterfragen, neu zu denken und mutig umzusetzen, hätte keine Gesellschaft den Sprung vom Feuer zur Elektrizität, vom Rad zur Raumfahrt geschafft. Doch was sind die eigentlichen Grundlagen von Innovationen? Sie entstehen nicht im luftleeren Raum, sondern durch kollektive Bildung, geteiltes Wissen und die Fähigkeit zur Vernetzung von Ideen. Entscheidend ist dabei die kritische Vernunft – jenes geistige Werkzeug, das uns befähigt, Annahmen zu prüfen, Fehler zu erkennen und alternative Wege zu suchen.

Die Frage, ob es heute überhaupt noch Basisinnovationen gibt oder nur Sekundärinnovationen – Variationen, Wiederholungen, marginale Verbesserungen bestehender Konzepte, die zwar praktisch, aber nicht paradigmenverändernd sind –, berührt den Kern unserer Zukunftsfähigkeit. Innovationsforscher sehen sich dabei vor die Aufgabe gestellt, nicht nur neue Technologien zu entwickeln, sondern die Bedingungen zu analysieren, unter denen überhaupt noch radikale Neuerungen möglich sind. Nur eine Minderheit an Neuprodukten etabliert sich langfristig im Markt, was die Bedeutung fundierter Innovationsforschung unterstreicht. Gleichzeitig warnen Experten vor einer besorgniserregenden gesellschaftlichen Entwicklung. Eine Gesellschaft, die den Verstand als Werkzeug der Neugier, des Urteilsvermögens und der Schöpferkraft vernachlässigt, wäre letztlich eine sterbende Gesellschaft. Deshalb gilt: Die Fähigkeit zum Hinterfragen bleibt die unerlässliche Bedingung jeder lebendigen Innovation.

Doch was wäre das für eine Welt, in der die meisten Menschen plötzlich nichts mehr hinterfragen würden? In der die Menschen, abgestumpft in passiver Akzeptanz, sich mit einem religiösen, esoterischen, feministischen oder woken Irrationalismus zufriedengäben? Wäre eine solche Gesellschaft noch innovationsfähig – gleich auf welchen Gebieten – wenn sie den Verstand als einst mächtiges Werkzeug der Neugier, des Urteilsvermögens und der Schöpferkraft aufgegeben hätte? Im Gegenteil: wahre Innovation lebt von Reibung, Widerspruch und dem Mut zum Querdenken.

Szenario 9: Biedermeier mit Palantir

Fiktionale Transformationsprojekte wie Degrowth, Deindustrialisierung oder das Konzept des 15-Minuten-Ortes skizzieren Visionen einer künftigen Gesellschaft, die sich radikal von der heutigen unterscheiden will. Ihr erklärtes Ziel ist es, Ressourcen zu schonen, ökologische Belastungen zu reduzieren und das Leben in sozial ausgewogeneren Strukturen zu organisieren. Doch hinter den idealistischen Entwürfen verbergen sich tiefgreifende ökonomische und soziale Konsequenzen. Eine Abkehr von industriellem Wachstum und Wohlstandsschöpfung führt zwangsläufig zu einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung und damit zu einer unaufhaltsamen Verarmung breiter Bevölkerungsschichten.

Degrowth oder eine strikt angebotsorientierte Energieversorgung bedeuten Verzicht, höhere Preise und eine zunehmende Einschränkung des Lebensstandards. Die 15-Minuten-Stadt, in der auf einer Fläche zwischen einem und fünf Quadratkilometern alle wichtigen Einrichtungen fußläufig erreichbar sein sollen, wird in ihrer Radikalität nicht nur als urbanes Ideal verstanden, sondern auch als Möglichkeit umfassender Kontrolle: Digitale Systeme könnten Bewegungen, Zahlungen und Konsum überwachen und durch die Einführung von programmierbarem Digitalgeld sogar das Verhalten der Bürger steuern. Was als Vision einer nachhaltigeren Gesellschaft beginnt, kippt so schnell in ein Szenario eingeschränkter Freiheiten, wachsender materieller Knappheit und einer umfassend digitalisierten Überwachung. Der Preis dieser Zukunft wäre nicht mehr Fortschritt, sondern der Rückzug in die kontrollierte Enge eines neuen Biedermeiers – ökonomisch wie gesellschaftlich.

Szenario 10: Langfristdenken

Langzeitdenken ist die Fähigkeit, über den Moment hinauszublicken, Entscheidungen über den engen Rahmen der Gegenwart hinaus zu treffen und damit Entwicklungen zu gestalten, die über Generationen wirksam bleiben. Gegenwärtige Gesellschaften sind dagegen häufig in einem hektischen Kurzzeitdenken gefangen – getrieben von Wahlzyklen, Medienaufmerksamkeit und ökonomischen Quartalslogiken. Dies erschwert die Fähigkeit, langfristige Projekte konsequent zu verfolgen, sei es beim Ressourcenmanagement, dem Aufbau widerstandsfähiger Infrastrukturen oder in der Raumfahrt – nachhaltige Lösungen erfordern Planungshorizonte, die weit über das Heute hinausreichen.

Historisch erweisen sich z.B. Familienunternehmen, die über viele Generationen geführt werden, als bemerkenswert langlebig und zeigen, dass Kontinuität und Weitsicht tragfähigere Grundlagen schaffen als rein kurzfristige Renditeorientierung. Dieses Mindset könnte sogar als Modell für Denkszenarien dienen, die noch weit über irdische Maßstäbe hinausreichen – etwa für Generationenraumschiffe, die ohne langfristige Planung und Verantwortung nicht denkbar wären. Wer langfristig denkt, denkt zugleich ethisch, weil er das eigene Handeln nicht nur am persönlichen Nutzen, sondern am Wohl künftiger Generationen misst. Langzeitdenken ist damit nicht nur eine strategische Fähigkeit, sondern ein gesellschaftliches Korrektiv gegen Egoismus und Verengung. In dieser Haltung liegt die leise, aber entscheidende Kraft, komplexe Zivilisationen zu tragen.

Szenario 11: Wert Schöpfung

Deutschland steht an einem wirtschaftlichen Scheideweg, der über die Zukunft des Industriestandorts entscheiden wird. Nach zwei Jahren Rezession droht der deutschen Wirtschaft auch 2025 ein Krisenjahr, während Strukturwandel und Unsicherheit die Industrie- und Konsumkonjunktur lähmen. Besonders dramatisch zeigt sich die Lage in den traditionellen Schlüsselindustrien: Die Automobilindustrie verzeichnet den stärksten Beschäftigungsabbau mit knapp sieben Prozent der Stellen bzw. etwa 51.500 Jobs innerhalb eines Jahres, während die Chemieindustrie binnen zwei Jahren 23 Prozent ihrer Produktionsmenge verloren hat. Die Energiewirtschaft kämpft mit den Folgen des Strukturwandels und zu hohen Preisen, die die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Industrien bedrohen. Diese Entwicklung nährt Befürchtungen einer schleichenden Deindustrialisierung, die Deutschland seiner industriellen Basis berauben könnte.

Demografische Herausforderungen wie ein Mangel an qualifizierten Facharbeitern verschärfen die Lage, während globale Unsicherheiten wie US-Zölle auf europäische Importe weitere Exporteinbußen verursachen könnten.

Doch hinter diesem düsteren Bild verbergen sich auch außergewöhnliche Chancen für einen Neuanfang. Deutschland besitzt in zukunftsträchtigen Technologiefeldern wie Biotechnologie und Synthetischer Biologie mit über 100 relevanten Unternehmen und Innovationen in Präzisionsmedizin, die durch EU-Förderung gestützt werden. Außerdem haben die Forschung sowie Unternehmen in den Bereichen Fusionsenergie, Künstlicher Intelligenz und Robotik, Nanotechnologie sowie Quantencomputing und Quantenchips beträchtliche Potenziale. Beispielsweise gewinnen Fusionsenergie-Projekte an Fahrt, darunter Pläne für das erste Fusionskraftwerk in Deutschland bis 2035, mit Partnerschaften wie Focused Energy und RWE sowie Rekordinvestitionen in Startups wie Proxima Fusion. Die deutsche Robotik erlebt derzeit eine dynamische Entwicklung, getrieben durch Innovationen in KI und Automatisierung, steht jedoch vor Herausforderungen durch internationale Konkurrenz und Fachkräftemangel. Die deutsche Verteidigungsindustrie wächst aufgrund geopolitischer Spannungen und erhöhter Rüstungsbudgets, bleibt aber von komplexen Exportregelungen und politischen Debatten beeinflusst. Diese Bereiche könnten zu den Grundpfeilern einer neuen Wirtschaftsära werden und Deutschland wieder an die Weltspitze technologischer Innovation führen. Im besten Fall gelingt es, die vorhandene Forschungsexzellenz in marktfähige Produkte und Dienstleistungen zu übersetzen, neue Industriezweige zu etablieren und dabei Millionen zukunftsfähiger Arbeitsplätze zu schaffen. Ein solcher Wandel könnte Deutschland zum führenden Technologiestandort des 21. Jahrhunderts machen. Im schlimmsten Fall jedoch bleibt die Transformation aus, etablierte Industrien brechen weg, ohne dass neue nachfolgen, und Deutschland fällt international zurück – ein Szenario, das den gesellschaftlichen Wohlstand und die politische Stabilität gefährden würde.

Wohlstand wird nicht dadurch geschaffen, dass man den alten verfrühstückt, sondern indem man neuen schafft. Das heutige Deutschland zehrt jedoch von dem, was frühere Generationen aufbauten, ohne genug Neues nachgelegt zu haben. Viele Ökonomen betonen, dass Deutschland spätestens seit den späten 1990er-Jahren von der Substanz lebt, da essenzielle Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Digitalisierung und Zukunftstechnologien versäumt, verschlafen oder verspielt wurden.

Szenario 12: Jenseits der Kármán-Linie

Die deutsche Raumfahrtgeschichte begann mit bahnbrechenden Entwicklungen wie der A4-Rakete, der späteren V-2, die unter Wernher von Braun während des Zweiten Weltkriegs entstand und die Grundlage moderner Raketentechnik legte. Der erste erfolgreiche Testflug der V-2 fand am 3. Oktober 1942 statt und erreichte eine Höhe von 84,5 Kilometern, während eine weitere Rakete am 20. Juni 1944 als erstes von Menschen gebautes Objekt mit 176 Kilometern den Weltraum jenseits der Kármán-Linie durchstieß. In der Nachkriegszeit setzte Berthold Seliger, ein visionärer Raketenkonstrukteur, diese Pionierarbeit fort und startete 1963 von Cuxhaven aus eine Dreistufenrakete, die eine Höhe von über 100 Kilometern erreichte, was Deutschland als frühen Akteur in der zivilen Raumfahrt etablierte. Heute steht das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Zentrum nationaler Bemühungen und koordiniert Projekte wie z.B. zahlreiche ESA-Missionen. Die etablierten Großunternehmen OHB und Airbus Defence and Space bilden das industrielle Fundament. Im New-Space-Sektor blühen deutsche Startups auf: Isar Aerospace plant orbitale Start aus Westeuropa mit seiner Spectrum-Rakete. Rocket Factory Augsburg und HyImpulse Technologies entwickeln reusable Launcher, die den Markt für kleine Satelliten revolutionieren sollen. Die Bundesregierung fördert diese Dynamik durch gezielte Unterstützung der New-Space-Branche, um die globale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Für die Zukunft rücken Mond und Mars in den Fokus: Es starten private und staatliche Missionen, darunter Nasa-Sonden, die Mondbasen wie Artemis vorbereiten und Helium-3-Abbau für Fusionsenergie testen. Mars-Missionen, wie die geplante ESA-Rover-Expedition, untersuchen habitable Zonen, während Chinas Tianwen-2 Asteroidenproben sammelt, um Ressourcenpotenziale zu erschließen. Asteroiden-Bergbau gewinnt an Bedeutung, mit Firmen wie Astroforge, die mit Missionen wie Odins Metalle wie Platin fördern und einen Billionenmarkt anstreben. Der Weltraumtourismus wird boomen, angetrieben von SpaceX und Blue Origin, die Raumflüge für Hunderte Passagiere jährlich ermöglichen und den Weltraum zugänglicher machen. Doch damit sind noch längst nicht die Grenzen erreicht.

Die weitere, bislang hypothetische interstellare Expansion, wird indessen durch das Fermi-Paradoxon herausgefordert. Warum entdecken wir keine außerirdischen Zivilisationen, wenn interstellare Reisen denkbar sind? Die Lichtgeschwindigkeitsgrenze zwingt zu Konzepten wie Generationenschiffen, die Jahrhunderte oder Jahrtausende reisen, oder Kryoschlaf-Technologien, die Besatzungen konservieren. Theoretische Warp-Antriebe, die die Raum-Zeit krümmen, bleiben Spekulation und Science-Fiction, könnten aber diese Hürden umgehen. Eine interplanetare oder gar interstellare Zivilisation würde ein neues kollektives Bewusstsein entwickeln, geprägt von planetenübergreifender Zusammenarbeit und ethischen Fragen zur Ressourcennutzung. Letztlich wäre die Kolonisierung des Weltraums die letzte große Aufgabe der Menschheit. Dies zu meistern, würde bedeuten, unser Schicksal von der Erde zu lösen, als multiplanetare Spezies zu reifen und unsere Existenz über die Erde hinauszutragen.

Klappentext zu FUTŪRUM GERMĀNIÆ

Deutschland am Scheideweg: Zwischen Niedergang und neuer Blüte.

In einer Welt voller Umbrüche wagt FUTŪRUM GERMĀNIÆ einen schonungslosen Blick in die möglichen Zukünfte Deutschlands. Dieses provokante Werk entfaltet zwölf prägnante Szenarien, die unser Land in den kommenden Jahrzehnten prägen könnten – von düsteren Prognosen bis hin zu visionären Möglichkeiten.

Tauchen Sie ein in den ersten Teil »Entropistan«, wo die Schatten von Geburtenimplosion, Migrationsschocks, Bildungsabsturz und einem eskalierenden Klassenkrieg drohen, die Gesellschaft zu zerreißen und in bürgerkriegsähnliche Zustände oder gar die Vision eines Kalifats zu führen. Ist dies das unausweichliche Schicksal einer Nation, die ihre Herausforderungen ignoriert?

Oder führt der Weg in den zweiten Teil »Eldorado«? Entdecken Sie Szenarien, die zeigen, wie Deutschland durch mutiges Langfristdenken, gezielte Wertschöpfung in Spitzentechnologien wie Präzisionsmedizin, Fusionsenergie oder Robotik, sowie durch den Aufbruch »Jenseits der Kármán-Linie« in eine neue Ära des Wohlstands und der globalen Führung aufsteigen kann. Eine Zukunft, in der Innovationsparalyse und technologische Stagnation überwunden werden und die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit neu definiert wird.

FUTŪRUM GERMĀNIÆ ist mehr als eine Analyse – es ist ein Weckruf. Es fordert uns auf, die Komplexität der Zukunft zu erkennen, die Risiken zu verstehen und die Chancen zu ergreifen. Welche Zukunft wählen wir? Dieses Buch ist ein unverzichtbarer Kompass für alle, die verstehen wollen, wohin Deutschland steuert, und die aktiv an seiner Gestaltung mitwirken möchten.

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